
ME/CFS
Überblick
Geschichte
Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom (ME/CFS) ist eine schwere neuroimmunologische Erkrankung. Der Begriff "Myalgische Enzephalomyelitis" wurde erstmals 1956 von Dr. Melvin Ramsay verwendet, um eine Erkrankung zu beschreiben, die bei einer Gruppe von Krankenhauspersonal in London beobachtet wurde. In den 1980er Jahren wurde die Krankheit als Chronisches Fatigue-Syndrom (CFS) bekannt, besonders nach einem Ausbruch in den USA.
Im Zuge der COVID- 19-Pandemie ist ME/CFS in den Fokus der klinischen und forschenden Medizin gerückt, weil ein substanzieller Teil der Long-COVID-Syndrom-Fälle – womöglich um die 20% – klinisch als ME/CFS verläuft.
Eine einheitliche Definition der Erkrankung ist nicht vorhanden. Es handelt sich aber um eine Erkrankung, die verschiedene Körpersysteme beeinträchtigt. Dazu gehören das zentrale und autonome Nervensystem, das Immunsystem, das kardiovaskuläre System – insbesondere die Endothelzellen der Blutgefäße – sowie die Energieproduktion in den Mitochondrien. Zudem beeinflusst die Krankheit das Darmmikrobiom und die Durchblutung von Muskeln, Gehirn und anderen Organen. Dies reicht vom Verlust der Arbeitsfähigkeit bis hin zur Pflegebedürftigkeit, einschließlich künstlicher Ernährung, und in sehr schweren Fällen kann ME/CFS sogar tödlich verlaufen.
Bedeutung
Die Definition und Diagnose von ME/CFS ist aufgrund mehrerer Faktoren schwierig. Dazu gehören die komplexe und vielschichtige Symptomatik sowie das Fehlen eines etablierten Biomarkers. Die Symptome können stark variieren und überschneiden sich oft mit denen anderer Erkrankungen, was die Diagnose zusätzlich erschwert. Wegen der begleitenden Funktionsstsörung des zentralen und autonomen Nervensystems wird die Erkrankung von der WHO als neurologische Erkrankung geführt.
Die Krankheit wird nach CD-10 G93.3 auch „chronisches Müdigkeitssyndrom“ oder „postvirales Müdigkeitssyndrom“ genannt. Diese Begriffe verkennen jedoch das Fatigue etwas anderes ist als Müdigkeit und haben zu einer Bagatellisierung der Krankheit geführt ("jeder ist mal müde").
Hier jedoch ein Versuch dem Namen einen Überblick zu geben.
Myalgische Enzephalomyelitis (ME):
Myalgisch: Bezieht sich auf Muskelschmerzen.
Enzephalomyelitis: Entzündung des Gehirns und des Rückenmarks ohne einen Hinweis der Ursache.
Chronisches Fatigue-Syndrom (CFS):
Chronisch: Lang andauernd oder lebenslang.
Fatigue: Tiefe Erschöpfung und Müdigkeit, die durch Ruhe nicht verbessert wird, wobei hier eine Abgrenzung zur reinen Müdigkeit vorgenommen werden muss.
Syndrom: Eine Gruppe von Symptomen, die zusammen auftreten.
Zusammenfassung: ME/CFS ist somit eine komplexe, chronische Erkrankung, die durch tiefe Erschöpfung, Muskelschmerzen und neurologische Entzündungen gekennzeichnet ist. Hauptsymptom ist eine Belastungsintoleranz, welche zur Verschlechterung von einigen oder aller Symptomen führt und umfasst extreme und eine anhaltende Erschöpfung, die durch Ruhe nicht verbessert wird - postexertionelle Malaise (PEM). Die genauen Ursachen sind noch unbekannt.
Ursachen und Mechanismen
ME/CFS wird meistens durch eine Virusinfektion ausgelöst und ist eine lebenslang oder über viele Jahre anhaltende neuroimmunologische Erkrankung. In selteneren Fällen kann die Krankheit auch durch chirurgische Eingriffe, Wiederbelebungsmaßnahmen oder Traumata im Bereich des Schädels und der Halswirbelsäule ausgelöst werden.
Die grundlegende Pathogenese ist noch zum Teil unklar. Nach den verfügbaren Evidenzen handelt es sich um eine Multisystemerkrankung mit Dysregulation des Immunsystems, des autonomen Nervensystems, des Gefäßsystems und es zellulären Energiestoffwechsels. Jüngere Studien zeigen auch Hinweise auf eine Neuroinflammation.
Da bis jetzt nur wenige Ärzte mit der Erkrankung ME/CFS vertraut sind, besteht eine entsprechend hohen Rate an Unter- und Fehldiagnosen.