
ME/CFS
Diagnose
Übersicht
Die Definition und Diagnose von ME/CFS gestaltet sich aus verschiedenen Gründen schwierig. Dazu gehören die komplexe Symptomatik und das Fehlen eines etablierten Biomarkers.
Verschiedene internationale Kriterienkataloge zur Diagnose basieren alle auf Symptomen. Zu den bekannten Auslösern von ME/CFS gehören Infektionen, chirurgische Eingriffe, Wiederbelebungsmaßnahmen sowie Kopf- und Halswirbeltraumata.
Studien zeigen, dass 84-90% der Betroffenen weltweit nicht oder falsch diagnostiziert sind. In Deutschland dauert es durchschnittlich sechs bis sieben Jahre bis zur Diagnosestellung, was zu einer irreversiblen Verschlechterung des Gesundheitszustands führen kann. Eine frühzeitige und korrekte Diagnosestellung sowie fundierte Aufklärung können die Aussichten für Betroffene verbessern. Problematisch ist jedoch, dass es weder in Österreich noch in der Schweiz spezialisierte Ambulanzen gibt, an die niedergelassene Ärzte Patienten mit Verdacht auf ME/CFS überweisen können.
Anmerkung: Derzeit gibt es keine spezifischen Labor- oder apparativen Untersuchungen zur eindeutigen Diagnose von ME/CFS. Eine genaue Betrachtung der Krankengeschichte und eine umfassende Ausschlussdiagnostik anderer Erkrankungen sind notwendig. Dies erfordert meist mehrere Arztbesuche und Untersuchungen. Häufig sind schwer betroffene Patienten jedoch auch hierzu nicht mehr in der Lage.
internationale Kriterien-Kataloge
Kanadische Kriterien zur Diagnose von ME/CFS:
Erschöpfung/Fatigue und Zustandsverschlechterung nach Belastung
Schlafstörungen
Schmerzen
Neurologische/kognitive Einschränkungen
Autonome Manifestationen
Neuroendokrine Störungen
Immunologische Störungen
Die Erkrankung muss seit mindestens 6 Monaten bestehen.
Internationale Konsenskriterien (ICC 2011):
Hauptsymptome: Schwere, neu aufgetretene Fatigue und schnelle körperliche/kognitive Erschöpfbarkeit.
Zusätzliche Symptome: Mindestens 7 Symptome aus neurologischen, immunologischen, gastrointestinalen, urogenitalen und Energieproduktions-/Energietransportbeeinträchtigungen.
Institute of Medicine (IOM) 2015:
Erhebliche Reduktion der Aktivitäten: Mehr als 6 Monate anhaltend, mit Erschöpfung und deutlichem Beginn.
Zustandsverschlechterung nach Anstrengung (PEM)
Nicht erholsamer Schlaf
Zusätzliche Beschwerden: Mindestens eine von kognitiver Beeinträchtigung oder orthostatischer Intoleranz.
Bell Scala:
Die Bell Scala, auch Bell Disability Scale genannt, ist ein Bewertungsinstrument zur Einschätzung des Schweregrads der Behinderung bei Patienten mit ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom). Die Skala reicht von 0 bis 100, wobei 0 die schwerste Behinderung (bettlägerig) und 100 die völlige Gesundheit ohne Einschränkungen darstellt. Sie wird verwendet, um den Funktionsstatus und die Lebensqualität von ME/CFS-Patienten zu dokumentieren und den Verlauf der Erkrankung zu verfolgen.
Eine ausführliche Darstellung der Kataloge findet sich hier:
ICD-Klassifikation
In Österreich wird ME/CFS unter ICD-10 Code G93.3 als neurologische Erkrankung geführt.
Ärztlicher Anamnesebogen
Auf der Seite der Charité befindet sich auch ein Anamnesebogen für Ärzte zum Downloaden.